Vielfalt an Kultursorten und Nutzierrassen
Über die Jahrhunderte hat der Mensch durch Auslese aus wilden Arten Tausende von Kultursorten und Nutztierrassen erschaffen und weitergezüchtet. Durch die kleinräumige Bewirtschaftung waren Sorten und Rassen den regionalen Gegebenheiten angepasst. Mit der Intensivierung und Spezialisierung der Lebensmittelproduktion im 20. Jahrhundert wurde grossräumig auf wenige Hochleistungssorten und -Tierrassen gesetzt. Die genetische Vielfalt verarmte in der Nutzung.
Unterdessen ist anerkannt, dass vielfältige Systeme anpassungsfähiger, widerstandsfähiger und als Ganzes produktiver und nachhaltiger sind. Dazu gehört der Einsatz von möglichst vielen Sorten und Tierrassen auf Landwirtschaftsbetrieben. Der Erhalt und die Nutzung der genetischen Vielfalt können der Ernährungssicherheit dienen.
Vielfalt als Antwort auf schwankende Umweltbedingungen
Sich häufende Wetterextreme, notwendige umweltfreundliche Produktionssysteme, veränderte Ernährungsgewohnheiten und eine wachsende Bevölkerung stellen hohe Ansprüche an die Lebensmittelproduktion. Monokulturen mit einer Sorte scheinen zunehmend ein Risiko für die Erntesicherheit. Sie fördern das Durchbrechen von Resistenzen gegen Krankheiten oder Schädlinge und sind einer koexistierenden Biodiversität auf den Feldern und im Boden abträglich.
Eine Landwirtschaft, die auf hohe Sortenvielfalt setzt, unterstützt die nachhaltige Lebensmittelproduktion. Unterschiedliche Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten der Sorten sind gegenüber schwankenden Umweltbedingungen anpassungsfähiger.
Zudem liefern erhaltene alte Sorten und Nutztierrassen genetische Eigenschaften, wie Resistenzen oder Inhaltsstoffe, die als Grundlage für die Züchtung neuer Sorten oder Rassen dienen können.



Seltene Sorten und Nutztierrassen fördern die Biodiversität
Kulturarten und Wildarten leben in der genutzten Landschaft miteinander. Werden gleichzeitig verschiedene Sorten angebaut, fördert dies auch Wildarten wie Insekten in der Kulturfläche selbst. Zum Beispiel sind in einem Obstgarten mit vielen Sorten die Zeitfenster für Blüte, Fruchtreife, Blattaustrieb und Blattfall deutlich länger, als wenn nur eine Sorte angebaut wird. So ist in einem Obstgarten mit vielen verschiedenen Apfelsorten die Bestäubung besser und ebenso erhöht sich die Schutzleistung für Insekten.
Schlecht zugängliche und schwierig zu bewirtschaftende Steillagen sind vermehrt von der Vergandung und Verbuschung bedroht. Einst artenreiche Wiesen oder Weiden verlieren an Biodiversität. Nimmt in Gebieten beispielsweise die Grünerle überhand, birgt dies auch Naturgefahren wie Schneerutsche, welche über die flachen Erlen gleiten.
Ressourcenschonende Produktionssysteme, die zum Beispiel grösstenteils auf hofeigenes Raufutter setzen, benötigen Nutztierrassen, die unter extensiven Bedingungen interessante Leistungen zeigen. Traditionelle Rassen eignen sich für extensive Haltung und liefern darüber hinaus auch kulturhistorische Werte, die sich beispielsweise in einem Nischenmarketing nutzen lassen.


Heute sind in der Schweiz neben 40 weitgehend ähnlichen Handelssorten noch gut 20 traditionelle, vielfältige Karottensorten erhalten, die bei weitem nicht alle angebaut werden.

